Heimatgeschichten – Aus dem Dietzhölztal nach Texas

Teil 1 – New Braunfels

Anfang der 1840er Jahre war die wirtschaftliche Situation für viele Menschen in unserer Heimat schwierig. Viele Bauern verfügten nur über kleine Flächen, die nicht ausreichten, um den Lebensunterhalt zu sichern. Deshalb betrieben sie die Landwirtschaft häufig nur nebenbei. Zwar gab es zahlreiche Handwerksbetriebe, doch der Verdienst des Einzelnen blieb gering. Die Industrialisierung war erst am Anfang und ein breiter wirtschaftlicher Aufschwung war für weite Teile der Bevölkerung nicht in Sicht.
Der Mainzer Adelsverein, offiziell als „Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“ bekannt, förderte aktiv die Auswanderung nach Texas. Den Siedlern wurde fruchtbares Land, die Aussicht auf wirtschaftliche Chancen und die Möglichkeit geboten, sich ein neues Zuhause aufzubauen.
Prinz Carl zu Solms-Braunfels war Mitbegründer des Mainzer Adelsvereins. Er gründete im Jahr 1845 mit ungefähr 400 Siedlern die erste deutsche Siedlung in Texas. Sie bestand aus ca. 500 Hektar Land in einer bis dahin unbewohnten Gegend am Zusammenfluss von Comal und Guadeloupe. In Anlehnung an seine Heimatstadt nannte er die Siedlung “New Braunfels”.

Wappen des Mainzer Adelsvereins

Dem Aufruf, nach Texas auszuwandern, folgten auch mehrere Familien aus dem Dietzhölztal. Unter ihnen war die Familie Arhelger aus Rittershausen.
Vater Johann Jacob Arhelger und Mutter Katharina Elisabeth (geb. Müller) reisten Mitte August mit dem siebenjährigen Wilhelm und dem zweijährigen August zunächst per Pferdewagen und dann mit der Eisenbahn nach Bremen. Mit dabei waren auch Daniel und Heinrich Arhelger, die Brüder von Jacob.
Zuvor hatte Jacob Arhelger seinen gesamten Besitz – mit Ausnahme der wichtigen Dinge, die er mit auf die lange Reise nehmen konnte – verkauft, um genug Geld für den Aufbau eines neuen Lebens in Texas zu haben. Das Haus in Rittershausen, das er von seinem Schwiegervater geerbt hatte, verkaufte er mit den dazugehörenden Liegenschaften an die Witwe von Gottfried Gütting.
Am 18. August 1845 ging die Familie Arhelger in Bremen an Bord des Segelschiffes Brig „Henschel“. Die Überfahrt nach Amerika war lang und beschwerlich, die hygienischen Bedingungen waren schlecht und nicht selten verbreiteten sich Krankheiten und Seuchen unter den dicht gedrängten Menschen. Nach Wochen auf See erreichte die Familie Arhelger schließlich am 22. Oktober 1845 die Küste von Texas, sie landeten in Galveston.

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Hafen von Galveston, Texas

Ebenfalls Mitte August wanderte auch die Familie Strackbein aus Frohnhausen zusammen mit Heinrich Eckhard aus Steinbrücken aus. Vater Heinrich Strackbein war Baumwollweber von Beruf. Seine Ehefrau, Anna Elisabeth geb. Eckhard, stammte aus Steinbrücken. Mit dabei waren der dreijährige Sohn Christian und die Tochter Katharina sowie Onkel Heinrich Eckhard, der Bruder von Anna Elisabeth. Sie fuhren am 18. August 1845 mit der Brig Semiramus (Arminius) von Bremen nach Galveston und erreichten Amerika ebenfalls am 22. Oktober 1845.

Von dort mussten die Auswanderer weiterziehen nach New Braunfels. Die mehr als  200 Meilen auf unbefestigten Landwegen waren beschwerlich. Das Gepäck wurde  auf Pferdewagen transportiert, aber die meisten Auswanderer mussten laufen. Nach mehreren Wochen erreichten sie die kleine deutsche Siedlung New Braunfels. Dort war die Lage zwischenzeitlich schwierig geworden. Aufgrund logistischer Probleme und des ungeschickten Wirtschaftens des Prinzen Carl zu Solms-Braunfels drohte das Projekt zu scheitern. Das Eintreffen von immer mehr Auswanderern aus Deutschland, die kaum versorgt werden konnten, führte zu immer größeren Problemen.

So wurde der Prinz durch den in Dillenburg geborenen preußischen Verwaltungsjuristen Otfried Hans Freiherr von Meusebach noch im Jahr 1945 abgelöst. Dieser wurde General Agent des Adelsvereins und nannte sich in Amerika John O. Meusebach

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Otfried Hans Freiherr von Meusebach