Mitglieder-Information 005 – 16.12.2021

Liebe Vereinsmitglieder der Geschichtswerkstatt Neuhütte Dietzhölztal e.V.

Wer hätte das gedacht, dass wir auch in diesem Jahr  vor Weihnachten immer noch in der Corona-Pandemie stecken? Aber leider ist es so, wie wir täglich über die Medien erfahren müssen.

Als Vorstand Ihres Geschichtsvereines grüßen wir Sie/Euch sehr herzlich und können nur wünschen und hoffen, dass Sie alle wohlauf sind.

Hier nun einige kurze Informationen, wer an welchen Themen arbeitet, wie der Status ist und wo Unterstützung benötigt wird.

Die Arbeitsgruppe (AG) Zeitzeugen hat sich verstärkt. Heinz Wickel ist dazu gestoßen und unterstützt mit seinen professionellen Erfahrungen in  Aufnahmetechnik und dem Schneiden der Videos. Zwei Zeitzeugen werden in Kürze interviewt. Gerne möchten wir weitere Zeitzeugen – es stehen einige auf unserer Liste – besuchen, um die wertvollen Erinnerungen dieser Menschen festzuhalten. Unser Ziel ist es, die Zeitzeugen im nächsten Jahr im  Museumsbereich zu Wort kommen zu lassen. Ein erstes Gespräch mit einem Fachlehrer der Holderbergschule in Eibelshausen wurde geführt. Er kann sich  gut vorstellen, Zeitzeugeninterviews als Projektarbeit in den höheren Schulklassen mit durchzuführen.

Aus der AG OMNICAL (Industriegeschichte) wird berichtet, dass die umfangreichen historischen Unterlagen weiter gesichtet und sortiert werden. Erste  analoge Filme wurden von Heinz Wickel digitalisiert und können nun archiviert werden. Weitere ehemalige OMNICALer stehen in den Startlöchern und möchten in der Gruppe gerne mitarbeiten.

Die Industriegeschichte des Dietzhölztales und der Umgebung ist sehr vielschichtig und wird von der Eisenerzeugung und -Verarbeitung bestimmt.

Ein Mosaikstein dieser Industriegeschichte sind Hammerwerke, in denen Eisen geschmiedet wurde. Erhard Gräf arbeitet fleißig an einem Hammer-Modell,  wie er im 17. Jahrhundert wahrscheinlich am Hammerweiher (daher der Name) zwischen Steinbrücken und Mandeln gestanden hat. Auch der Standort konnte jetzt genauer erforscht werden. Bei seinen Arbeiten steht er in engem Kontakt mit dem Freibergsdorfer Hammerverein im Erzgebirge. Dort in  Freiberg, zwischen Chemnitz und Dresden gelegen, wurde ein Hammerwerk restauriert und wieder in Gang gesetzt. Den Freibergsdorfer Hammer kann  man sich auf Youtube unter folgendem Link in Funktion ansehen: Technisches Denkmal – Freibergsdorfer Hammer – YouTube

Auch im Sauerland in der Nähe von Herscheid wird ein Hammer-Werk aus dem 17ten Jahrhundert restauriert und wieder zum Arbeiten gebracht. Der Ahe-Hammer soll im Frühjahr 2022 in Betrieb gehen. Sobald dies der Fall ist, werden wir versuchen, eine Exkursion für Interessierte dorthin zu organisieren.

 

Nochmal zurück zu den Hämmern in Dietzhölztal: Der erste Hammer war nicht am Hammerweiher, denn dieser war der jüngste Hammer, ein  Zainhammer zur  Herstellung von Kleinteilen und war mindestens bis Ende des 19. Jahrhunderts in Betrieb. Der älteste Hammer wurde mit Genehmigung der Grafen von Dillenburg 1420 am Abfall, unweit des späteren „Industriegeländes“ mit mehreren Hämmern, Schmieden und einem Schmelzofen, mindestens zwei Pochwerken und zwei oder drei Mühlen in etwa auf dem Areal der späteren „Bäckerei Weg“ in Steinbrücken errichtet. Soweit unsere neuesten Erkenntnisse nach Studium der Urkarte (J. Daum) und einer kürzlich aufgetauchten alten etwa DIN-A3 großen Handskizze (Erhard Gräf) auf der auch Texte zu finden sind die neben den Hämmern und Mühlen auch  Auskunft über die Wasserläufe, die meist künstlich angelegt wurden,
geben. Der längste Wasserweg beginnt unmittelbar unterhalb der Fols (=Furt) – Brücke, Ausgang Steinbrücken Richtung Ewersbach und Mandeln. Am Beginn dieses Bypasses steht ein aus U-Eisen hergestelltes Wehr (Bild 1). Die  Wassermengenregulierung wurde über eine Schütze betrieben, mit einem dafür typischen Schlüssel (die man heute noch kennt) der auf die Sechseck-Mutter aufgesetzt über die zentrale Gewindespindel die Auf – und Abbewegung sicher garantierte. Fast wäre dieser stumme Zeitzeuge in diesem Jahr den Baumfällarbeiten von Hessen Mobil zum Opfer gefallen. Dank des Hinweises von Erhard Gräf konnte dies verhindert werden. Wir vermuten, dass dieses Wehr
mindestens 200 Jahre alt ist und würden es gerne renovieren. 

Bei aller sorgfältigen Erforschung der Hammerwerke im Dietzhölztal ist zu bedenken, dass bisher keine historischen Aufzeichnungen dazu gefunden wurden. Deshalb  müssen viele Annahmen getroffen werden, was bedeutet, dass kein Anspruch auf Authentizität erhoben werden kann.

Bilde 1: Wehr an der alten Ortseinfahrt nach Steinbrücken aus Richtung Ewersbach/Mandeln

Die Archivierungsarbeiten in der Bibliothek Becker gehen voran. Jürgen Daum und Bianca Pfeifer haben in den letzten Wochen den Buchbestand gesichtet, sortiert und in die Regale und Schränke eingeräumt. Dabei wurden Suchbegriffe definiert und ein Bestandsbuch angelegt. Im nächsten Schritt müssen die Bücher elektronisch erfasst werden. Eine Software, mit der dies gemacht werden kann, soll jetzt ausgewählt und angeschafft werden.

Die Arbeitsgruppe Heimatmuseum in der Werner Weitzel, Uli Benner, Georg Schwedes und Wilfried Braun mitarbeiten, tragen die Inhalte für die  Informationsfelder zusammen, die sich im öffentlichen Eingangsbereich des Automuseums befinden. Zusammen mit dem Innenarchitekten werden drei
Info-Wände gestaltet, auf denen sich die Geschichtswerkstatt vorstellt. Themen der Industriegeschichte wie Geologie und Vorgeschichte, die Rennöfen und Hammerwerke, die Geschichte der Neuhütte, Buderus und Omnical werden gezeigt – industrielle Entwicklungen also, die die Menschen unserer Gegend über viele Generationen geprägt haben und an denen sie selbst mitgearbeitet und durch ihre Schaffenskraft mitgestaltet haben. 
Damit hängen historisch auch die Haubergswirtschaft und die Holzkohleerzeugung in unserem Gebiet zusammen. Im 19ten Jahrhundert kam die Elektrifizierung dazu.
Den Menschen unserer Dörfer, wie sie lernten, lebten und hart arbeiteten, welche Bräuche es gab, die verschiedenen Vereine, in denen sie Mitglieder waren und welche Feste gefeiert wurden, dies alles soll beschrieben werden. 
Dazu gehört unter dem Begriff Kirchengeschichte auch das religiöse Leben unsrer Vorfahren in den einzelnen Ortsteilen und wie sich dieses entwickelt hat – bis hin zur Entstehung neuer Glaubensgemeinschaften wie den Freien evangelischen Gemeinden im 19ten Jahrhundert und deren Bundeswerken hier im Dietzhölztal. Die Katholische Kirche in Ewersbach wurde erst nach dem 2. Weltkrieg gebaut um vielen Heimatvertriebenen der damaligen Zeit ein geistliches Zuhause zu geben.

Dies alles kann und soll im Eingangsbereich zum Automuseum nur knapp dargestellt werden und wird die Neugierde und das Interesse an Heimatgeschichte bei den Besuchern wecken.

Die geführte Wanderung entlang des Butterweges unter Leitung von Jürgen Daum, der ein ausgewiesener Fachmann für Siedlungstopographie und alte Wegesysteme ist, konnte gleich zweimal durchgeführt werden, so viele Interessierte hatten sich gemeldet. An zwei Terminen im August und Oktober waren bei bestem Wetter jeweils 15 Teilnehmer dabei, um sich den heute noch sichtbaren Verlauf von Wegeabschnitten historischer Handelsrouten erklären zu  lassen.

Von der Exkursion berichtete sowohl die lokale Presse als auch das Mitteilungsblatt „Dietzhölztaler Nachrichten“. Dieser Aktion ist auch das Highlight dieser Ausgabe gewidmet.

Die Arbeitsgruppe Brauchtum beschäftigt sich mit dem großen Bereich der Trachten, die bis Anfang des letzten Jahrhunderts als ganz normale Kleidungsstücke zum täglichen Bild in unseren Dörfern gehörten. Dazu kommen einige Fragen während der Recherche auf.

Wie sahen die Trachten im Dietzhölztal aus?
Was unterschied sie von den Trachten der umliegenden Orte?
Was gab es Besonderes im Dietzhölztal?

Zudem suchen wir genau diese alten Dietzhölztaler Trachten oder zumindest Fotos bzw. Zeichnungen davon. Vielleicht hat noch jemand alte Fotos von der Familie oder besitzt sogar noch original Kleidungsstücke? Schlichtweg Erinnerungen, genauso wie die Erklärung, was die einzelnen Teile der Tracht und deren Ordnung angeht, sind uns sehr willkommen.

Wir möchten diese alte dörfliche Tradition und all das Wissen darüber gerne bewahren und festhalten, um dieses auch an zukünftige Generationen weiterzuvermitteln!

Hinweise oder wer gerne in der AG Brauchtum mitarbeiten möchte, gebe doch bitte einen Hinweis an Brauchtum@geschichtswerkstatt-dietzhoelztal.de.

Eine entsprechende Bitte an alle Mitbürger in Dietzhölztal wurde kürzlich in den Dietzhölztaler Nachrichten veröffentlicht. Wir sind auf die Reaktionen gespannt.

Organisatorisches

Die Vereinshomepage wurde von Gina Eckhardt designt. Sie kann aber die Inhalte aus Zeitgründen nicht weiter einpflegen. Es konnte mit Nadine Ortmann eine junge, dynamische Fachfrau für die Betreuung der Homepage unseres Vereines gewonnen werden.

Die Jahreshauptversammlung (JHV) des Vereins am 10. September im Dorfgemeinschaftshaus Steinbrücken lief zügig und reibungslos ab, für Gina Eckhardt wurde Jürgen Daum als Beisitzer und für Lisa Koch, Hartmut Kunz als Kassenprüfer gewählt.
Das Protokoll der JHV mit anliegendem Vorstandsbericht und Jahresrechnung 2020 wurde an alle Vereinsmitglieder per Mail verteilt.

Ein Flyer, der die Ziele und Aktivitäten der Geschichtswerkstatt Neuhütte Dietzhölztal darstellt, ist in Vorbereitung.

Aktuell zählt unser Verein 54 Mitglieder. Darin enthalten sind 5 Firmenmitgliedschaften. Als jüngstes Mitglied dürfen wir die Evangelische Kirchengemeinde Ewersbach begrüßen – herzlich willkommen!

Unsere Geschichtswerkstatt ist jetzt gut eineinhalb Jahre alt. Im Mai 2020 wurde von den 15 Gründungsmitgliedern ein neunköpfiger Vorstand berufen, zu dem neben dem geschäftsführenden Vorstand fünf Beisitzer zählen. Die weitere Vereinsstruktur hat sich in Form von Arbeitsgruppen zu bestimmten Themenfeldern herausgebildet, in denen schon etliche Vereinsmitglieder aktiv mitarbeiten.

Vorstand:

Dr. Hans-Georg Schwedes  (1. Vorsitzender)
Deborah Loh   (Stellvertreterin)
Patrick Noriega   (Schatzmeister)
Wilfried Braun   (Schriftführer)
Simon Braun   (Beisitzer)
Jürgen Daum   (Beisitzer)
Jürgen Reichel   (Beisitzer, Pressearbeit)
Uwe Schüler   (Beisitzer)

Arbeitsgruppen (AG):

Vereinsbibliothek (Bibliothek Becker)
– Industriegeschichte (Jung/Neuhütte)
Buderus/OMNICAL
– Haubergs Geschichte / Kohlenmeiler
Zeitzeugen Interviews
Siedlungstopographie, Alte Wegesysteme, Historische Grenzsteine
Heimatmuseum Dietzhölztal
Brauchtum
– Kirchengeschichte der Ortsteile
– Geschichte Krankenhaus in Steinbrücken
– Geschichte der Schulen in den Ortsteilen
– Geologie und Bergwerke
Öffentlichkeitsarbeit

Die fett gedruckten Arbeitsgruppen sind bereits aktiv bei der Arbeit und organisieren sich im Wesentlichen selbst. Die anderen Gruppen sind geplant oder in der Entstehung. Die Auflistung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr erleben wir es, dass von den Mitgliedern Vorschläge für neue Themenfelder kommen, die wir, wenn möglich, gerne aufnehmen.

Beim sorgfältigen Lesen dieser Ausgabe der Mitglieder-Information wird jedem klar, dass in vielen Arbeitsgruppen Unterstützung benötigt wird. Alle Arbeit die gemacht wird, ist freiwillig – aus reinem Interesse an der Sache. Uns ist sehr bewusst, dass viele im Arbeitsalltag wenig Zeit übrig haben, 
tatkräftig mit anzupacken oder es ihnen aus anderen Gründen nicht möglich ist, sich zu engagieren. Wir möchten Euch trotzdem ermutigen, Euch in der jeweils möglichen Form einzubringen, indem Ihr uns Hinweise gebt, Verbesserungsvorschläge macht und Eure Ideen beisteuert.

In der Zwischenzeit haben wir mehrere Gegenstände aus Gusseisen erhalten, die auf der Neuhütte gegossen worden sind (Kaffeeröster, Brattopf,  Christbaumständer usw.) Diese sehr schönen Dinge möchten wir in einer Bildergalerie auf unserer Homepage zeigen. Bevor sie fotografiert werden,
müssen die Exponate gründlich gesäubert werden. Wer kann das übernehmen?

Ausblick 2022:

Historische Wanderungen werden auch im kommenden Jahr stattfinden. Ideen und Wünsche liegen uns schon vor. Lasst Euch einfach im Frühjahr  überraschen.

Im Vorstand der Geschichtswerkstatt haben wir schon mehrfach überlegt, einen Flohmarkt zu veranstalten. Jedes mal haben wir die Aktion mit Blick auf die Pandemie nicht durchgeführt. Nun hoffen wir, dass es im kommenden Jahr doch möglich ist, dieses Event stattfinden zu lassen.

Von den Arbeiten zur Vorstellung der Geschichtswerkstatt im Eingangsbereich des Automuseums wurde weiter oben berichtet. Auf die Eröffnung des Museums im Sommer sind wir alle sehr gespannt.

Gebt uns bitte Feedback zu dieser Mitglieder-Information. Wir sind auf Eure aktive Mitarbeit angewiesen. Deshalb die herzliche Bitte um Anregungen, Vorschläge und Ideen.

Nächste Woche feiern wir Weihnachten und der Jahreswechsel steht bevor. Wir wünschen Ihnen und Euch eine frohe und gesegnete Weihnacht. Gesundheit und Wohlergehen möge Ihnen/Euch auch im neuen Jahr geschenkt sein.

Es grüßt Sie/Dich sehr herzlich im Namen des Vorstands der Geschichtswerkstatt Neuhütte Dietzhölztal e.V.

Dr. Georg Schwedes (Vorsitzender)
Debora Loh (Stellvertretende Vorsitzende)
Patrick Noriega (Kassierer)
Wilfried Braun (Schriftführer)

Highlight

Erkundung einer historischen Fernverbindung in Dietzhölztal
Jürgen Daum zeigt alte Wege bei einer historischen Wanderung

An zwei Terminen – am 21. August und am 9. Oktober – führte Jürgen Daum die Wandergruppen auf einem rund elf Kilometer langen Rundweg bei  Rittershausen zu verschiedenen Stationen. Zunächst ging es durch das Fischbachtal bergauf entlang des sogenannten Butterweges bis zur Bettelbuche 
(„Offdillner Bahnhof“). Auf dem ersten Teilstück waren deutlich die Spuren eines alten Fernhandelsweges zu erkennen. Auf einem digitalen Geländemodell (Bild2), das Daum als DIN A3 – Ausdruck dabeihatte, konnten die Teilnehmer die teils parallel verlaufenden Wege ausmachen. Hier fuhren vermutlich im 16. Jahrhundert die schweren Fuhrwerke bergauf und bergab von Köln nach Leipzig und umgekehrt.

Bild 2: Digitales Geländemodell (Ausschnitt) von Jürgen Daum

Erkennt Ihr die Details? Als Orientierung in Bild 2 mag die heutige Landstraße L1571 von der Haincher
Höhe (links oben) hinab nach Rittershausen dienen.

In der Nähe des „Offdillner Bahnhofs“, nicht weit von dem alten Handelsweg entfernt, befand sich 
vermutlich eine alte Klause wo Reisende Rast machen konnten oder eine Kapelle zum Innehalten. Für die Kapelle spricht der Name „Auf dem Kirchberg“, ganz in der Nähe – meint Jürgen Daum.

Weiter gings hinab ins Tal des Langenbaches. Auf dem Weg wurden die Teilnehmer auf alte Grenzsteine aufmerksam gemacht, mit denen ab Mitte des 18ten Jahrhunderts die Besitzrechte der Landesherrschaft markiert wurden.

Letzte Station war die „Wüstung Langenbach“ wo sich vermutlich im 14. Jahrhundert ein kleines Dorf
befunden hat. Zu erkennen sind schemenhaft die Plateaus von einigen Häusern. 

Ein ausführlicher Bericht (Verfasser Jürgen Reichel) ist in den Dietzhölztaler Nachrichten Nr. 35/2021
zu lesen, der auf unserer Vereinshomepage hinterlegt ist Link:

https://www.geschichtswerkstatt-dietzhoelztal.de/fernverbindung/

Bild 3: Zwei der Fahrspuren, die heute noch gut erkennbar sind