Geschichtswerkstatt erkundet historische Grenze Nassau/Hessen/Wittgenstein

Historische Wanderung zum alten Grenzstein „Dreibeiniger Stuhl“

DIETZHÖLZTAL-MANDELN. Bei der dritten historischen Wanderung hat sich Jürgen Daum von der Geschichtswerkstatt Dietzhölztal Neuhütte e. V. einen der ältesten, schriftlich belegten Orte im ehemaligen Dillkreis für seine Exkursion ausgesucht. Mandeln, das bereits im Jahr 800 in einer Urkunde erwähnt wird. 18 geschichtsinteressierte Wanderer begaben sich auf eine spannende, rund acht Kilometer lange Tour „durch die Geschichte der letzten 1200 Jahre“. Entlang uralter Hohlwege, die zum Warentransport seit dem beginnenden Mittelalter genutzt wurden, führt die Wanderroute auf einen Höhenzug oberhalb von Mandeln und wieder zurück ins Tal, wo das „alte Mandeln“ vermutet wird.

Meilerplätze und Rennöfen
Ein Höhepunkt der Tour war ein großer Meilerplatz und ein ausgeprägter Schlackeplatz mitten im Wald. Diese sind typisch für Dietzhölztal und überall zu finden. Auf den Meilerplätzen wurde das Holz aus den Wäldern zu Holzkohle verkohlt, um diese dann in Rennöfen zur Eisenverhüttung zu verwenden.

Jürgen Daum (Mitte) erläutert die bewegte Geschichte der historischen Grenze aus dem Jahr 1484.

Grenze zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen
Der Höhenzug oberhalb von Mandeln ist nachweislich seit 1484 die Grenze zwischen der damaligen Grafschaft Nassau, der Grafschaft Wittgenstein und stößt am Dreibeinigen Stuhl – einem bedeutungsvollen alten Grenzstein – gegen die Landgrafschaft Hessen. Vereinsmitglied Jürgen Daum, ein Experte für Siedlungstopografie, alte Wegesysteme und historische Grenzsteine im heimischen Raum, zeigte dabei viele spannende historische Entwicklungen auf. Dabei überraschte er immer wieder mit seinem Fachwissen, das er sehr unterhaltsam weitergab. So berichtete er darüber, dass bei den alten Grenzsteinen des ausgehenden Mittelalters Rechtschreibfehler vorhanden sind. „Die Steinmetze, die diese Grenzsteine beschrifteten, konnten teilweise nicht lesen und schreiben und vielleicht lag es auch am Alkohol, denn ein Standardgetränk war das Dünnbier“, so seine Mutmaßungen. Heute ist es die Grenze zwischen Hessen und Nordrhein-Westfalen sowie innerhalb von Hessen die Grenze zwischen dem Lahn-Dill-Kreis und dem Kreis Marburg-Biedenkopf. Ein jahrhundertealter Grenzgraben ist über weite Strecken heute noch sichtbar.

Genauer Standort von „alt Mandeln“ ist unbekannt
Letzte Station auf der rund vierstündigen Tour war das Tal des Mandelbaches, an dessen Oberlauf der alte Ort Mawentelina bzw. Moyndille vermutet wird. Da bisher keine eindeutigen Siedlungsspuren nachgewiesen wurden, ist der genaue Standort unbekannt. Immerhin hat diese alte Siedlung nachweislich von 800 bis 1298 existiert, vermutlich sogar länger. Das heutige Mandeln ist ab 1488 belegt und mit einer Entfernung von rund einem Kilometer Nachfolger der untergegangenen Siedlung.

Historische Wanderungen werden fortgesetzt
Diese Art Geschichtsvermittlung hat sich bei den Wanderungen der letzten drei Jahren als sehr beliebt erwiesen. Daher plant die Geschichtswerkstatt auch im nächsten Jahr wieder ein solches Angebot, Themen dazu sind genügend im heimischen Raum vorhanden. Zudem plant Jürgen Daum, noch in diesem Jahr, ein Vortrag zu historischen Grenzen und Siedlungen in Dietzhölztal.

Jürgen Daum (Mitte) zeigt den historischen Grenzlauf aus dem Mittelalter beim Dreiherrenstein.

Fotos: Geschichtswerkstatt Neuhütte Dietzhölztal e. V.